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Stress ist völlig normal. Stress ist Bestandteil unseres Lebens. War er schon immer und wird er immer sein. Stress kann sogar positiv sein.
Stress positiv? Echt jetzt?
Stress ist tatsächlich nicht immer negativ. Er kann grundsätzlich in zwei Hauptkategorien unterteilt werden: Eustress und Distress. Eustress ist der „positive Stress“, der uns motiviert, produktiv zu sein und Herausforderungen zu meistern. Er fördert das Wachstum und steigert unser Wohlbefinden. Beispiele hierfür sind der Beginn eines neuen Jobs, die Einarbeitung in ein wichtiges Projekt oder die Vorbereitung einer Party, auf die man sich seit Wochen gefreut hat. Distress hingegen ist der „negative Stress“, der uns überfordert und körperliche sowie geistige Probleme verursachen kann. Chronischer Distress führt oft zu den gesundheitlichen Problemen, auf die wir im Laufe des Artikels eingehen werden. Idealerweise finden wir ein Gleichgewicht und entwickeln Strategien, um negativen Stress zu reduzieren und positiven Stress zu nutzen.
Doch was passiert eigentlich im Körper, wenn wir gestresst sind? In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Abläufe im Körper bei Stress, die evolutionären Hintergründe, warum diese Reaktion heute oft nicht hilfreich ist, und welche gesundheitlichen Folgen aber auch Bewältigungsstrategien es gibt.
Evolutionäre Hintergründe der Stressreaktion
Die Stressreaktion, auch „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ genannt, hat unseren Vorfahren das Überleben gesichern. Bei Bedrohungen wie Raubtieren oder feindlichen Stammesmitgliedern sorgte diese Reaktion dafür, dass der Körper durch z.B. eine erhöhte Atemfrequenz (mehr Sauerstoff) und die Bereitstellung von Zucker (mehr Energie) schnell handlungsfähig wurde. Der Hypothalamus im Gehirn spielt dabei eine zentrale Rolle. Er aktiviert eine Kette von Reaktionen, die zur Freisetzung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol führen, die dann für die notwendigen Veränderungen im Stoffwechsel soren.
Erhöhung von Herzfrequenz und Blutdruck
Adrenalin, auch bekannt als das „Kampf- oder Flucht-Hormon“, wird von den Nebennieren freigesetzt, sobald das Gehirn eine stressige Situation erkennt. Dieses Hormon hat die Aufgabe, den Körper auf eine unmittelbare Reaktion vorzubereiten. Es sorgt dafür, dass das Herz schneller schlägt und der Blutdruck steigt. Diese Erhöhung der Herzfrequenz bedeutet, dass das Herz mehr Blut pumpt, wodurch mehr Sauerstoff und Nährstoffe zu den Muskeln gelangen. Gleichzeitig weiten sich die Blutgefäße in den Muskeln, um den Blutfluss zu maximieren. Diese Veränderungen machen den Körper bereit für schnelle, kraftvolle Bewegungen, sei es zur Flucht vor einer Gefahr oder zum Kampf gegen einen Angreifer. Auch die Atmung wird schneller und tiefer, um mehr Sauerstoff aufzunehmen und an die Blutbahn weiterzugeben. Dies alles geschieht innerhalb von Sekunden, um eine sofortige Reaktion auf die Bedrohung zu ermöglichen.
Bereitstellung von Energie
Cortisol, das „Stresshormon“, spielt eine entscheidende Rolle bei der langfristigen Stressbewältigung. Wenn der Körper unter Stress steht, signalisiert der Hypothalamus im Gehirn den Nebennieren, Cortisol freizusetzen. Dieses Hormon erhöht den Blutzuckerspiegel, indem es die Freisetzung von Glukose aus den Speichern der Leber stimuliert. Diese zusätzliche Energiequelle ist besonders wichtig, wenn der Körper längere Zeit unter Stress steht und Energie benötigt, um wachsam und leistungsfähig zu bleiben. Neben der Freisetzung von Glukose bewirkt Cortisol auch, dass der Körper Fett und Proteine in Energie umwandelt. Dies stellt sicher, dass genügend Energie vorhanden ist, um anhaltende körperliche Anstrengungen zu bewältigen. Darüber hinaus unterdrückt Cortisol nicht unmittelbar lebenswichtige Funktionen wie das Verdauungs- und das Immunsystem, um die gesamte Energie auf die Bewältigung der Stresssituation zu konzentrieren.
Dann ist Stress ja eigentlich gar nicht so schlecht?
Genau! Die physiologischen Reaktionen im Körper waren für das Überleben unserer Vorfahren essenziell. Und sie sind es auch noch heute.

Im Tierreich sind es genau diese Reaktionen, die bei Säugetieren ständig ablaufen. Gefahr erkannt? Zack, Stressreaktion! Sie sorgt für die Schärfung der Wahrnehmung und bereitet den Körper auf eine möglicherweise nötige Aktion wie Flucht oder Kampf vor. Ein Impala in der Afrikanischen Savanne ohne Flucht auslösende Stressreaktion? Vermutlich nach einem halben Tag wegschnabuliert von einem über die leichte Beute erstaunten Geparden.
Und auch wir sind in der modernen, sehr sicher gewordenen Welt gelegentlich Gefahren ausgesetzt, die eine blitzschnelle Reaktion unseres Körpers erfordern. Ohne eine gesunde Stressreaktion wären also auch wir nicht lebensfähig.
Beispiele für negativen Stress
Heutzutage wird die Stressreaktion jedoch oft nicht durch einen Keule schwingenden Widersacher aus einem anderen Familienclan oder einen Säbelzahntiger ausgelöst, sondern durch die unfreundliche Rückmeldung des Chefs, dringende Deadlines oder auf dem Weg zu einem wichtigen Termin im Stau gefangen zu sein. Obwohl der Körper für körperliche Aktivität vorbereitet wird, bleibt die Reaktion meist auf geistige Arbeit beschränkt. Normalerweise endet eine Auseinandersetzung mit der Vorgesetzten oder einem Kunden nicht in einem körperlichen Kampf. Wir steigen im Stau nicht einfach aus dem Auto aus und rennen weg wie um unser Leben – wenn es hin und wieder auch die gesündere Reaktion für unseren Körper wäre.
Der bereitgestellte Zucker wird also nicht verbraucht, der Blutzuckerspiegel bleibt erhöht, die Herzfrequenz ist umsonst angestiegen, genauso wie der Blutdruck.
Auch die ständige Erreichbarkeit und die Flut an Informationen über soziale Medien führen zu einer kontinuierlichen Aktivierung der Stressreaktion. Negative Nachrichten, unsachliche Diskussionen, anonyme Anfeindungen. Und auch hier: wer geht nach dem Scrollen durch Instagram oder einer Diskussion auf Facebook schon zum Boxen oder in den Wald zum Joggen? Der Stress wird also nicht abgebaut.
Warum der Stressabbau nicht wie vorgesehen funktioniert
In der evolutionären Vergangenheit führte eine erfolgreiche Flucht oder ein Kampf zu einem raschen Abbau der Stresshormone. In der modernen Gesellschaft jedoch, wo körperliche Auseinandersetzungen selten sind und viele Stressoren konstant bestehen bleiben, findet dieser natürliche Abbauprozess oft nicht statt. Der Körper bleibt in einem Zustand erhöhter Alarmbereitschaft, was langfristig schädliche Auswirkungen haben kann.
Gesundheitliche Folgen von chronischem Stress
Chronischer Stress kann eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen verursachen. Hier sind fünf der häufigsten:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Lang anhaltender hoher Blutdruck und erhöhte Herzfrequenz können zu Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall führen. Autschi, das will nun wirklich keiner.
- Diabetes Typ 2: Anhaltend hohe Cortisolspiegel führen zur ständigen Bereitstellung eines erhöhten Blutzuckers. Das ist, als würde man andauernd Süßigkeiten zu sich nehmen. Dies kann eine Insulinresistenz fördern und das Risiko für Diabetes erhöhen.
- Immunschwäche: Durch die ständige Unterdrückung des Immunsystems durch erhöhte Cortisolspiegel steigt die Anfälligkeit für Infektionen und Krankheiten.
- Psychische Erkrankungen: Im Moment eines Angriffs oder einer bedrohlichen Konfrontation haben wir Angst. Das ist natürlich und normal. Das ist die Art, wie unser Körper mit uns kommuniziert und uns auf die Gefahrensituation hinweist. Viel Angst? Achtung, es ist ernst! Richtig ernst! Chronischer Stress jedoch ist ein bedeutender Risikofaktor für Angstzustände, Depressionen und Burnout.
- Verdauungsprobleme: Während man gerade vor einem Säbelzahntiger davonläuft oder mit einem Keule schwingenden Gegenüber kämpft, hat der Körper auf eines sicher keinen Fokus: Auf das sorgfältige Zerlegen und Verdauen unseres Frühstücks. Verdauen findet im Ruhemodus statt, denn dann hat der Körper alle Muse, sich um das Zerlegen von Proteinen und Aufspalten von Fetten zu kümmern. Chronischer Stress kann daher unser Verdauungssystem stören und zu Beschwerden wie Reizdarmsyndrom, Magengeschwüren und chronischen Entzündungen führen.
Methoden zur Stressbewältigung

Zum Glück jedoch sind auch wir moderne Menschen dem Stress nicht willkürlich ausgesetzt. Wir können etwas tun, um den negativen Folgen von Stress entgegenzuwirken.
- Körperliche Aktivität: Regelmäßige Bewegung, sei es Sport oder einfache Spaziergänge, hilft, Stresshormone und auch diesen Blutzucker abzubauen. Körperliche Bewegung trägt außerdem dazu bei, Glückshormone freizusetzen. Und klingt das nicht richtig gut?
- Entspannungstechniken: Meditation, Atemübungen und progressive Muskelentspannung sind nur drei Methoden, die den Stresspegel sehr effizient senken. Du kannst auch Autogenes Training, Yoga nidra oder EFT-Tapping versuchen.
- Soziale Unterstützung: Gespräche mit Freunden, Familie oder einem Therapeuten bieten emotionale Unterstützung und Perspektiven. Ist es nicht beruhigend, seine Sorgen und Ängste mit jemandem zu teilen, verstanden zu werden und gemeinsam an einer Perspektive zu arbeiten? Fühlt sich doch gleich viel besser an, als alleine darüber zu grübeln, oder?
- Zeitmanagement: Effektives Planen und Setzen realistischer Ziele hilft, Überforderung zu vermeiden. Mit ein bisschen Planen ist es nicht nötig, mit gestresstem Blick auf die Uhr im Stau zu stehen oder auf die verspätete S-Bahn zu warten. Im Job kann eine klare Kommunikation zu Fristen, Deadlines und Kompetenzen helfen, den Arbeitsalltag realistisch und stressfrei zu gestalten.
- Gesunde Lebensweise: Ausreichender Schlaf, ausgewogene Ernährung und der Verzicht auf Alkohol und Nikotin tragen zur Stressreduktion bei. Ist klar, oder?
Fazit
Die physiologische Stressreaktion ist ein Überbleibsel unserer evolutionären Vergangenheit, das uns einst das Überleben sicherte. In der heutigen Welt jedoch, wo Stressauslöser oft nicht physischer Natur sind, kann diese Reaktion schädlich sein. Chronischer Stress führt zu zahlreichen gesundheitlichen Problemen, aber durch bewusste Stressbewältigungsstrategien können wir lernen, besser mit Stress umzugehen und unsere Gesundheit zu schützen. Indem wir uns aktiv mit unserem Stresslevel auseinandersetzen und gesunde Bewältigungsmechanismen einsetzen, können wir die negativen Auswirkungen auf unsere Gesundheit minimieren und ein ausgewogenes Leben führen. Wie genau wir das tun und wie genau wir die Methoden zur Stressbewältigung anwenden, das erörtern wir in den kommenden Artikeln.